Super Sonnensturm - Ein Rückblick auf das Carrington-Event von 1859 (2024)

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Im Jahre 1859 beobachtete der britische Astronom Richard Christopher Carringtonein bis dato noch unbekanntes Sonnenphänomen, das vom stärksten geomagnetischen Sturm der letzten 500 Jahre begleitet wurde – das Carrington-Event.

Als Carrington am 1. September 1859 gegen 11:18 Uhr eine Projektion der Sonne anfertigte, um Sonnenflecken zu verzeichnen, beobachtete er das Auftauchen von zwei extrem hellen Punkte. Sofort realisierte Carrington, dass er ein unbekanntes Sonnenphänomen entdeckt hatte. Er verließ fluchtartig den Raum, um einen befreundeten Wissenschaftlerhinzuzuziehen. Als sie zurückkamen, konnten beide nur noch das ausklinken dieses Phänomens beobachten.

Kurz vor der Morgendämmerung am nächsten Tag, waren dann amHimmel über dem halbenPlaneten, Polarlichter in den Farbenrot, grün und lila Polarlichter so hell zu sehen, dass man hätte problemlos Zeitungen lesen können. Tatsächlich pulsierten die atemberaubende Polarlichter auch in der Nähe dertropischen Breiten wieKuba, den Bahamas, Jamaika, El Salvador und Hawaii.– ein sichtbares Zeichen des bis heute stärksten bekannten geomagnetischen Sturms. Dies alleine versetze die Menschen damals in größte Sorge, doch es sollte noch schlimmer kommen. Weltweit waren Störungen in denTelegraphensystemen zu beobachten, einigeTelegrafisten stellten schockiert fest, dass es Funkenentladungen gab, die IhrTelegrafenpapier in Brand gerieten ließen.

Die Schäden an dentechnischen Systemen Mitte des 19. Jahrhunderts, hielten sich natürlich in Grenzen, denn der Ausfall des Telegrafensystems war mehr eine Kuriosität als ein Grund zur allgemeinen Beunruhigung.Würde sich ein solchesEreignis heutzutage wiederholen, fiele die Bilanzvermutlichanders aus: Mobilfunknetze, Hochspannungsleitungen, Telefonleitungen, Satelliten, GPS-Navigation – all diese Systeme, von denen in unserer hochtechnisierten Gesellschaft so viel abhängt, könnten durch einen vergleichbaren geomagnetischen Sturm arg in Mitleidenschaft gezogen werden.

Seit 1859 gab es noch mehrere ähnliche Ereignisse mit wesentlich geringerer Intensität. Am 4. August 1972 unterbrach ein geomagnetischer Sturm zahlreiche Telefonleitungen im US-Bundesstaat Illinois – und am 13. März 1989 legte ein Sturm eine Generatorstation im kanadischen Québec lahm und ließ 6 Millionen Kanadier über 9 Stunden im Dunkeln sitzen. 2005 kam es sogar zu einer knapp 10-minütigen Beeinträchtigung der weltweit genutzten GPS-Navigation. Keines dieser Ereignisse erreichte jedoch die Intensität des Sturms von 1859. Das Carrington-Eventbleibt der schwerste geomagnetische Sturm der vergangenen 150 Jahre. Untersuchungen an Eisbohrkernen deuten sogar darauf hin, dass es in den letzten 500 Jahren keinen schwereren geomagnetischen Sturm gegeben haben dürfte.

Im August 1859 geschehen merkwürdige Dinge. Ein Sonnensturm löst auf der Erde unerwartete Phänomene aus – Polarlichter bis zum Äquator, ausschlagende Kompassnadeln, brennende Telegraphenmasten. Später wird der intensive Sonnensturm als „Carrington Event“ bekannt nach dem Sonnenforscher Christopher Carrington, der diesen Sonnensturm entdeckte, während er Sonnenflecken beobachtete. Was löst einen Sonnensturm aus? Worum handelt es sich dabei? Ein Sonnensturm ist ein heftiges Ereignis, eine große Wolke von Materie, die in starken Eruptionen von der Sonne ausgeworfen wird. Seit 1973 beobachtete die Raumstation Skylab die Sonne und auch so manchen Sonnensturm. Sie brachten uns näher an die wahrscheinliche Ursache eines Sonnensturms, aber endgültig klären konnten sie die Ursache nicht. Seit 2007 beobachtet die Stereo Mission den Weg der Masseteilchen, die bei einem Sonnensturm ins All geschleudert werden. Wird sie uns näher an die Ursache bringen, was einen Sonnensturm auslöst?

Was genau war das Carrington-Event ?

Das Carrington-Event muss man in zwei ganz verschiedene Ereignisse unterteilen, die aberhäufig gemeinsam auftreten: Ein Solarer Mega Flareund ein koronaler Massenauswurf (KMA)

Bei dem hellen Licht, welchesCarrington beobachtet hatte, handelt es sich um einen Solaren Mega Flare, ein Lichtblitz, der auf ein kleine Gebiet beschränkt ist und nur wenige Minuten anhält. Diese Flares sind häufig in der Nähe von Sonnenflecken zu beobachten. Die Flares unterscheiden sich in ihrer Intensität und somit auch in ihren Folgeerscheinungen. Starke Röntgenstrahlung, die bei diesem Ereignis freigesetzt wird, kann eine nicht unerhebliche Gefahr für Astronauten darstellen, oder den Funkverkehr auf der Erde stören bis hin zu Komplettausfällen. Solare Flares sind jedoch nicht der Auslöser von geomagnetischen Stürmen.

Geomagnetische Stürme, oder allgemein auch bekannt als Sonnensturm, sind die Folge von sogenannten koronalen Massenauswürfen. Ein solcher Koronaler Massenauswurfbesteht aus geladenen Teilchen wie z.b. Elektronen, Protonen und weiteren Atomkernen. Die Plasmawolke bewegt sich in der Regel mit Geschwindigkeiten von etwa 1000 Kilometern pro Sekunde durchs All und benötigt somit etwa ein bis zwei Tage, bevor es die Erde erreicht.Der Massenauswurf beimCarrington-Eventerreichte die Erde jedoch in nur 18 Stunden!

Obwohl die Masse einer solchen Plasmawolke der eines Bergrückens (etwa des Brockenmassivs im Harz) entsprechen kann, ist sie dünner verteilt als die Masse in einem Hochvakuum. Stünde man (in einer Art Gedankenexperiment) mitten in der Wolke, würde man sie nicht wahrnehmen.

Ein koronale Massenauswurf tritt in der Regel zusammen mit Eruptionen (Flares oder Filamenteruptionen) auf der Sonne auf, aber nicht jede Sonneneruption verursacht auch einen koronalen Massenauswurf. Besonders deutlich war diesbei dem größten Sonnenfleck seit über 25 Jahren zu beobachten. Dieser Sonnenfleck erzeugte zahlreiche kräftige Sonneneruptionen, die jedoch nicht einen nennenswerten Massenauswurf hervorbrachten.

Sind wir einem Super-Sonnensturm wie dem Carrington-Event schutzlos ausgeliefert?

Die NASA und andere Weltraumorganisationen haben heute zahlreiche Observatorien im Weltraum stationiert, dessen Aufgabe es u.a. ist, die Sonne im Blick zu behalten. Einer der wichtigste Frühwarnsysteme ist derAdvanced Composition Explorer (ACE). Der 1997 gestartete Satellit kreist ineinerstrategisch günstigen Entfernung von 1,5 Millionen Kilometern zwischen der Sonne und Erde. Sollte ein koronaler Massenauswurf von der Sonne in Richtung Erde unterwegs sein, so würden die Messinstrumente am ACE dies verzeichnen. Passiert ein koronaler Massenauswurf die ACE-Sonde, so bleiben in der Regel knapp 30 Minuten bis zum Aufprallder Teilchenwolke auf das Erdmagnetfeld, Vor allem Satellitenbetreiber sind auf die Weltraumwetter-Vorhersagen angewiesen, aber auch die NASA selbst reagiert, um beispielsweise Raumsonden teilweise oder sogar ganz abzuschalten, damit die sensiblen Teile nicht ins Visier der Teilchen und Strahlenwolke geraten.

Ein erneutes Carrington-Event wäre fatal!

Würden sich heute ein Sonnensturm wie der des Carrington-Events ereignen, so gäbe es nach Einschätzung von Experten kaum etwas, was unsere empfindlichen Satelliten schützen könnte. Eine Studie zeigt, dass in einem solchen Fall die Kosten vermutlich bei 30 bis 70 Milliarden Dollar liegen würden. Die elektrischen Entladungen könntenhochempfindliche Teile der Satelliten einfach durchbrennen lassen; Die Folge wäreein Ausfall derKommunikationssatelliten. Einsolcher Super-Sonnensturmist zum Glück nur sehr selten. Wissenschaftler haben,unter anderem anhand von Eisbohrkernen herausgefunden, dass das Carrington-Eventvermutlich sogar das Größte der letzten 500 Jahre war. Man schätzt, dass sich ein solcher Super-Sonnensturm nur ein bis zwei mal pro Jahrtausend ereignet.

Ein Ereignis welches sich im Juli 2012 ereignet hat zeigt jedoch , dass es jederzeit zu einem Super-Sonnensturm kommen kann;

Die Erde ist im Juli 2012 einem Treffer durch eine gewaltige Eruption von der Sonne entgangen. Eine jetzt vorgestellte Analyse ergab, dass der damalige koronale Massenauswurf bei einem Treffer zu einem der größten geomagnetischen Stürme und damit zu beträchtlichen Schäden hätte führen können. Die Eruption hätte sich nur neun Tage früher ereignen müssen. Quelle: astronews.com

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Author: Laurine Ryan

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